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Einstieg: Geoengineering oder persönliche Betroffenheit?

Kategorie: Die Verschwörungstheorie

These: Erstkontakt mit Chemtrail-Ideologie über Betroffenheit

Am Ende meines Vortrages zu den Chemtrail-Märchen am 25.08.2017 bei der GWUP Berlin wurde aus dem Publikum die These genannt, dass der Ersteinstieg in die Verschwörungstheorien über die Chemtrail-Märchen durch die persönliche Betroffenheit (vor allem gesundheitliche Probleme) gekennzeichnet sei und dies die erste Phase des Verfalls in/an die Verschwörungstheorien darstellen würde. Mit den eigentlichen Inhalten der Verschwörungstheorie, insbesondere dem Geoengineering als vermeintlichem Ziel der Streifen am Himmel, würde man erst später in einer weiteren Phase konfrontiert.

Grund: Die ersten Postings in Chemtrail-facebook-Gruppen nach der dortigen Anmeldung enthielten oft Aussagen zur persönlichen Befindlichkeit.

Die genannte Reihenfolge an sich ist natürlich nicht falsch.

Der Eintritt in solch eine Gruppe ist ein Meilenstein in der Abwärtsspirale der Verschwörungstheorien; in derartigen Gruppen erfolgt die Manipulation durch die alteingesessenen Verschwörungstheoretiker und es gibt auch immer wieder eine gewisse Gruppendynamik. So wird die vermeintliche Ursache für das Befinden immer wieder durch Dokumente, Fotos und Videos zu Geoengineering, Klima und Wetter dargestellt. Die Annahmen der Betroffenen werden so immer weiter gefestigt und erweitert - eine Spirale eben.

Aber: Die Aussage, der Ersteinstieg in die Verschwörungstheorie erfolge derart, gilt erst ab dem Kontakt zu anderen Verschwörungstheoretikern (wie hier beim Eintritt in eine Chemtrail-Gruppe) oder auch sonst ab der zweiten Phase, der Phase des Interesses.


Das Unbekannte

Wenn jemand erst an Verschwörungstheorien und hier im Besonderen an die Chemtrail-Märchen verfällt, heißt das, dass er die eben vorher noch gar nicht kannte. Nach der genannten Theorie würde es jedoch bedeuten, dass derjenige sich zielgerichtet bei einer Verschwörungsgruppe anmeldet, deren Thema ihm bisher völlig unbekannt war und das dazu noch bei einer Gruppe, die eben ein sehr spezifisches Thema als Inhalt hat: Wolken, Klima und Wetter. Und das aus dem Nichts heraus - er wusste noch nichts von den angeblichen Chemtrails, meldet sich aber sofort in einer derartigen Gruppe an und klagt dort sein Leid (das noch dazu mit dem Himmel zu tun hätte, was er vor der Anmeldung aber noch gar nicht wusste).

Die Frage ist also: Wieso sollte sich jemand bei einer Gruppe anmelden, deren Thema er bisher gar nicht kannte? Würde sich jemand, dem die Chemtrail-Märchen gar nicht bekannt sind, nicht eher an einen Arzt - oder bei Unkenntnis der Sachlage - an einen Homöopathen oder Heilkundler wenden? Die hätten doch sicher eher mit persönlichen Befindlichkeiten zu tun.

Sprich: Von der Phase, in der er noch gar nichts von den Chemtrail-Märchen wusste, bis zur Anmeldung in einer Chemtrail-Gruppe fehlt hinsichtlich der oben genannten Theorie ein Schritt - die Aufmerksamkeitsphase; die Phase, in der der Zusammenhang von Vorgängen am Himmel zu vermeintlichen persönlichen Befindlichkeiten überhaupt erst hergestellt wird. Denn erst dann kann man auf die Idee kommen, sich bei einer Chemtrail-Gruppe anzumelden.

Diese Aufmerksamkeit, ggf. auch bereits das folgende Interesse, kann natürlich auf verschiedenen Wegen erreicht werden.


Die Aufmerksamkeitsphase

Einerseits kann die Basis durch eine allgemeine Anfälligkeit bereits vorhanden sein, so dass hier ein einfacher Hinweis von Verschwörungskollegen ausreicht. Dann wäre es jedoch auch kein Ersteinstieg in Verschwörungstheorien.

Der potenziell Betroffene kann tatsächlich Probleme haben und per Google-Suche auf einer Seite der Chemtrail-Gläubigen landen; auch das kann man nicht ausschließen.

Er kann bei einem Homöopathen in Behandlung sein, der ihn auf eine vermeintliche Ursache von Leiden hinweist, den Himmel.

Unter dem Text sind Screenshots als Beispiele, die die überwiegenden Wege zeigen, über die Aufmerksamkeit bei potenziellen Chemtrail-Gläubigen überhaupt erst geweckt wird.

Es sind also verschiedene Wege, auf denen Informationen zu den angeblichen Chemtrails verbreitet werden, damit überhaupt erst einmal Aufmerksamkeit geweckt, die erste Phase begonnen wird. Diese Informationen basieren auf der alten Methode „Seht zum Himmel! Die Streifen!“ bzw. auf der neueren Methode: „Was ihr am Himmel seht, ist Geoengineering!“. An den Aufrufen zu Spam sehen wir, dass die Chemtrail-Gläubigen an allen möglichen Stellen auf Chemtrails hinweisen sollen, wobei dort der Begriff „Geoengineering“ missbraucht wird. Das kann auf der facebook-Seite eines Gartenvereins sein, bei einem Posting bei einer Online-Zeitung, auf einer Wetterseite usw. Oder es werden Materialien verteilt, zum Beispiel Flyer. Die bekanntesten sind ganz unten in diesem Beitrag.


Interessephase

Nach dieser kurzen Aufmerksamkeitsphase, in der registriert wird, dass man sieht, was da steht, dürfte auf dem weiteren Weg noch eine - mehr oder weniger lange bzw. intensive - Interessephase folgen, in der man zumindest zur Ansicht kommt, dass mit dem Himmel tatsächlich etwas nicht stimmen könnte und dass man persönlich davon betroffen sei. Manchmal werden in dieser Phase auch Fragen gestellt, die leider durch Möchtegernaufklärer so beantwortet werden, dass Betroffene erst recht zu den Verschwörungstheoretikern getrieben werden.

Je nach konkreter Situation wird der nun Betroffene auch die entsprechenden Zielstellen für die Thematik herausfinden, wie zum Beispiel die Namen der Chemtrail-Gruppen bei facebook. Dabei kann hier bereits angewandte selektive und subjektive Wahrnehmung eine Rolle spielen, begünstigend wirken.


Aktion

Der Betroffene wird nun nach einer derartigen ersten Phase seine Aktion starten, möglicherweise also auch die Anmeldung bei einer Chemtrail-Gruppe (allerdings nicht nur, auch Stammtische, Straßenaktionen usw. spielen hier Rollen).
Und nach dieser (wenigstens ersten) Phase kann dann der Zyklus beginnen, wie er in der oben erwähnten Theorie benannt wird - was, wie geschrieben, dann auch vollkommen korrekt ist. Denn die vermeintlich persönliche Betroffenheit ist ja das herausstellende Merkmal der Chemtrail-Verschwörungstheorie. Die (vermeintlichen) Leiden sind nun den Vorgängen am Himmel zugeordnet und ab geht es in die Gruppen.


Aufklärung

Die Aufgabe bei der Aufklärung bzw. beim Debunking besteht nun darin, in größtmöglicher Breite derartige Fakten zu verbreiten, dass präventiv gleich diese erste Phase vermieden wird und es so gar nicht erst zu Anmeldungen in Chemtrail-Gruppen kommt. Denn je weiter jemand in der Spirale der Verschwörungstheorien gefangen ist, desto schwerer wird es für ihn, wieder herauszufinden.

Eine große Rolle spielt dies vor allem bei Postings von Medien, die Anlass geben, dass die Chemtrail-Gläubigen einfallen - Kondensstreifen, Sonnenuntergänge, Extremwettermeldungen usw. Auch wenn eine Diskussion mit den einfallenden Chemtrail-Gläubigen oft nichts bringen wird, ist sie doch wichtig für stille Mitleser. Der unkommentiert gelassene Hinweis eines Chemtrail-Gläubigen, dass es sich beim gezeigten Motiv um Geoengineering handle, kann bereits der Auslöser für die erste Phase sein. Insofern stehen natürlich auch die Seitenbetreiber in der Verantwortung, die den Spam der Chemtrail-Gläubigen oft einfach ignorieren.

Für die Aufklärung wiederum heißt das: Um festzustellen, wie Betroffene in die Chemtrail-Märchen geraten sind, ist die Beobachtung der Gruppen von Verschwörungstheoretikern relativ ungeeignet. Wir können dort i. d. R. nicht erkennen, wo der Erstkontakt des Betroffenen erfolgte. Hier muss man vielmehr beobachten, wo Chemtrail-Gläubige sonst mit welchen Methoden auftreten, wozu es nahezu unerlässlich ist, selbst an Diskussionen teilzunehmen. So kann man erkennen, ob und wie Personen reagieren, ob sie bereits irgendwelche Tendenzen aufzeigen usw. Und vor allem, ob man dann vielleicht einen Namen in einer der Chemtrail-Gruppen wiederfindet. Dann kann man ggf. den Werdegang nachvollziehen. Also: Entwicklungen beobachten, nicht nur Momentaufnahmen in irgendwelchen Gruppen.