Ein Online-Blatt stellte eine Frage zu einem Phänomen am Himmel („RÄTSELHAFTER KONDENSSTREIFEN ÜBER DEM CHIEMGAU“), die ich per Mail beantwortete.
Diese Mail zeigte ich auch auf Twitter.
Da es in einer Gruppe von Chemtrail-Gläubigen auch um diesen Artikel ging, wurde dort ebenfalls meine Antwort gezeigt.
Klar ist natürlich, dass die Chemtrail-Gläubigen eine Antwort aus der Realität nicht einfach so stehenlassen konnten. Andererseits ist dieses Thema - zugegeben - auch ziemlich komplex, abstrakt und nicht gerade in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen zu finden. Kurz gesagt: Es ist schon ziemlich schwer zu verstehen.
Nun machte aber ausgerechnet die #Chemtrailqueen und Trägerin des Goldenen Aluhutes Ria den Breejen den Fehler und versuchte, mich zu widerlegen.
Das war einerseits natürlich sehr amüsant; andererseits zeigte es, dass sie schlicht keine Kenntnisse in Physik, Fliegerei und zu Kondensstreifen hat, dass sie noch nicht einmal Kondensstreifen genau beobachtet hat. Als Chemmie muss man das ja auch nicht, denn es reicht, wenn man allen alles einfach als Chemtrails darstellt. Details bei den Vorgängen am Himmel sind da eher störend - man könnte zu nah an die Wirklichkeit kommen.
Eigentlich wäre ich darauf auch nicht eingegangen, weil das viel zu hoch für sie ist und sie das sowieso nicht versteht. Dazu kommt, dass wir bei den Chemtrail-Gläubigen geblockt sind. Somit können sie alles schreiben, während wir das nicht kommentieren können - eine Taktik der Chemtrail-Gläubigen. Und so haben mich die #Chemtrailqueen und diese Gruppe natürlich auch geblockt/gesperrt.
Nun bat sie mich allerdings in einem Tweet doch darum, mir mal etwas Mühe zu geben, so dass ich an dieser Stelle darauf eingehe - vielleicht interessieren diese Themen ja auch andere Leser.
Also sehen wir uns ihre Aussagen mal etwas genauer an.
„Der alte Mann wird allmählich noch älter und ein bisschen tüdelig. Wirbelschläuche gibt es als Begriff überhaupt nicht. Deutsch - 6 - setzen (neeee, ab in die Ecke mit Eselsohren)!“
Hier haben wir den typischen Fall: Was die Chemtrail-Gläubigen nicht kennen und was nicht in ihren YouTube-Videos gezeigt wird, gibt es nicht. Punkt.
Zugegeben, es ist auch nicht gerade ein Begriff, der häufig verwendet wird; es ist kein umgangssprachlicher Begriff.
Es ist ein Begriff aus einem recht speziellen Bereich der Physik (Strömungslehre) und so findet man den Begriff natürlich insbesondere in der entsprechenden Literatur.
Hier ist ein Beispiel: Dierk Schleicher, Malte: Eine Einladung in die Mathematik: Einblicke in aktuelle Forschung.
Dieses Beispiel ist konkret aus dem Bereich der Aerodynamik, in anderen Bereichen der Strömungslehre findet man natürlich noch viele andere Beispiele zu Wirbelschläuchen. Der Grund, warum ich dieses Buch als Beispiel genommen habe, ist, weil die Zusammenhänge hier noch relativ einfach beschrieben sind. Aber wenn man von Physik keine Ahnung hat, wie eben die Chemtrail-Gläubigen, kann man von diesem recht speziellen Teil der Physik natürlich erst recht nichts wissen.
„Höchstens Wirbelschleppen, Wirbelzöpfe oder Randwirbel.“
Das hat sie schön aus der Wikipedia abgeschrieben, aber das reicht eben nur für einen sehr groben Überblick. Für ein tiefgründigeres Studium ist Wikipedia nicht gerade die Primärquelle erster Wahl, sondern dazu sollte man dann schon Fachliteratur bemühen. Chemtrail-Gläubige, die nach Dunning-Kruger aber nicht mitbekommen, dass sie im Grunde genommen nichts wissen, wissen natürlich auch das nicht.
Die Wirbelschläuche, um die es hier geht, entstammen den Wirbelschleppen; sie bilden sich mit etwas Abstand zum Flugzeug und bleiben - in Abhängigkeit von Flugzeug und Flugphase - recht lange erhalten. Sichtbar werden sie am Himmel erst, wenn sie Kondensation bzw. Eiskristalle enthalten.
Ansonsten sieht man sie nicht, was bekanntlich eine Gefahr für andere Luftfahrzeuge darstellen kann (hier wiederum insbesondere in Bodennähe am Flughafen, aber nicht nur).
Als „Wirbelzöpfe“ oder „Randwirbel“ bezeichnet man eher die kleineren Wirbel, die von den Tragflächenenden oder von den Ecken der ausgefahrenen Flaps ausgehen. Diese beginnen jedoch bereits an der Tragfläche, während sich die „ausgewachsenen“ Wirbelschleppen erst etwas weiter hinten formieren.
„Und mit der Angabe von Metabunk hat er sich restlos disqualifiziert.“
Hier haben wir das Problem der Chemtrail-Gläubigen, dass dieses Phänomen an der genannten Stelle intensiv diskutiert wird. Dort gibt es also viele Beispiele und Fakten.
Die Chemtrail-Gläubigen hingegen halten von Fakten nicht viel, wie man auch im Screenshot eines Kommentars von Ria den Breejen sehen kann. Aus diesem Grund wird man bei den Chemtrail-Gläubigen vergeblich darauf warten, dass sie konkrete Fehler benennen, sondern sie machen hinter dem Rücken die Quellen einfach schlecht, bringen sie in Verruf. Das natürlich möglichst allgemein, so dass auch niemand auf die Idee kommt, sich die Seite mit den Fakten mal anzusehen.
Schließlich könnten Fakten dazu führen, dass Phänomene erklärt werden können. Und das wollen die Chemtrail-Gläubigen schließlich nicht.
Es ist das gleiche Vorgehen, wie sie es auch bei chemtrail-fragen.de und dem Chemtrailhandbuch praktizieren.
„In "Reisehöhe" soll ja wohl eher Flughöhe heißen, denn reisen kann man auch auf Schienen.“
… aber nicht in der Höhe.
Dieses Zitat ist besonders köstlich. Ria den Breejen scheint nicht mitbekommen zu haben, dass es bei Streifen am Himmel um Vorgänge am Himmel geht. Oder sie denkt, dass man auch am Himmel auf Schienen unterwegs sein kann. Wie jemand auf die Idee kommt, bei einem Thema zum Himmel die Eisenbahn ins Gespräch zu bringen, weiß wohl auch nur die #Chemtrailqueen.
„Flughöhe“ ist Quatsch. Ist ein Flugzeug in der Luft, hat es immer eine Flughöhe. „Reisehöhe“ bzw. „Reiseflughöhe“ hingegen bezeichnet die Höhe in einer bestimmten Flugphase, nämlich der vom höchsten Punkt des Steigfluges nach dem Start (TOC) bis zum höchsten Punkt des Sinkfluges vor dem Landeanflug (TOD). Der Fachbegriff für diese Flugphase ist „Cruise“ bzw. „Reiseflug“. Da das so einfach ist, reicht hier zur Verdeutlichung auch schon die Wikipedia: Flugphase.
An diesem Beispiel sieht man, dass die #Chemtrailqueen auch in Sachen Fliegerei nicht mal elementarste Zusammenhänge kennt.
„Als Bestandteile von Kondensstreifen sind sichtbare Wirbelschleppen nicht wirklich an der Tagesordnung, eine weitere Schwäche in seiner Schilderung.“
Diese Aussage ist eher traurig. Sie zeigt, dass sich Ria den Breejen noch keinen Kondensstreifen genauer angesehen hat, wobei hier sogar das bloße Auge reicht.
Allerdings müssen wir hier unterscheiden: Die Chemtrailqueen spricht von den Wirbelschleppen - die sind wirklich als solche schwer zu erkennen, weil man die an der Verdrehung der Streifen erkennt (siehe mein Avatar bei Twitter). Ich schrieb hingegen von den Wirbelschläuchen, die der sichtbare Teil dessen sind. Und die kann man recht oft deutlich erkennen - vor allem natürlich bei den Vierstrahlern, die gerade über Berlin in Reisehöhe, also in der Höhe des Reisefluges, sehr oft unterwegs sind.
Im Foto sehen wir ein Beispiel, in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen gibt es aber verschiedene Möglichkeiten, wie die Wirbelschläuche aussehen. Grundsätzlich kann man für die allermeisten Situationen feststellen: Bei sehr scharfen Linien (auch im Streifen) handelt es sich um Wirbelschläuche, sonst um den Rest des Kondensstreifens (Übergang zu Cirrocumulus, Cirrus usw.).
Also auch bei Kondensstreifen hat die #Chemtrailqueen nicht annähernd Vorstellungen, wie sowas überhaupt aussieht. Da sind eben alle Streifen einfach Chemtrails.
„Aber mit der Crow-Instabilität könnte er ausnahmsweise einmal recht haben, bei diesem Phänomen hatte ich schon immer Zweifel, ob es sich um versprühte Aerosole handelt, da sie sich in Windeseile auflösen.“
In Anbetracht dessen, dass sie nicht mal von den Grundlagen Ahnung hat, bezweifle ich, dass sie überhaupt weiß, worum es bei der Crow-Instabilität geht. Diese Instabilität hat nämlich zunächst nichts damit zu tun, dass sich weiße Streifen schnell auflösen. Bei der Crow-Instabilität geht es um das Verhalten der Wirbelschläuche, die auch vorhanden sind, wenn man sie nicht sieht. Löst sich etwas auf, kann es natürlich sein, dass die Wirbel ihr Leben aushauchen; es kann aber auch sein, dass die Feuchtigkeit einfach verdunstet ist und man die einfach nicht mehr sieht. Für eine Beurteilung muss man immer den konkreten Fall betrachten.
Im Video „Hawker Sea Fury auf der Hahnweide 2011“ sehen wir die Wirbelschläuche, die hier durch Rauch sichtbar gemacht wurden. Bei 00:35 werden die Schläuche gestört, sie werden instabil und „zerreißen“. Es kommt zum Anblick, wie wir ihn auch bei den Wirbelschläuchen am Himmel in Reisehöhe kennen. Die Chemtrail-Gläubigen bezeichnen das aus Unkenntnis heraus gern mal als „Brillen“ o. ä.
Nach dem Zerstören der Wirbel sehen wir auch, dass die Streifen an diesen Stellen teilweise keine scharfen Linien mehr haben - der Rauch verteilt sich ohne Wirbel, wie es in Reisehöhe bei der Kondensation bzw. bei den Eiskristallen der Fall wäre.
Seine "pendules" sind hingegen herbei phantasiert - hierbei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um diejenigen Substanzen, die schwerer sind als der Rest, sich abwärts bewegen und deshalb den Trail wie eine Perlenkette oder einen Krakenarm erscheinen lassen.
Von der #Chemtrailqueen Ria den Breejen wäre eine andere Antwort auch seltsam gewesen. Doch machen wir es einfach - lassen wir Bilder sprechen.
In Clouds of the World von 1972 gibt es noch Erläuterungen und Abbildungen dazu.
In aller Regel wird man in den Beulen, den pendules also, keine Wirbel sehen. Die Teile des ursprünglich durchgehenden Wirbelschlauches ziehen sich, wie man auf den Fotos sieht, zusammen und sinken ab. Die Wirbel (also die Bewegungen) an sich werden zerstört, sie lösen sich auf. Was man dann unten am Streifen sieht, ist schlicht nur noch die Feuchtigkeit. Manchmal sind die Beulen scharf zu erkennen, manchmal werden sie verweht, manchmal lösen auch sie sich einfach auf - je nach Umgebungsbedingungen.
„Pendules“ wird im Englischen für diese Beulen verwendet, ein deutscher Begriff ist mir leider nicht bekannt. Eigentlich braucht man auch keine separate Bezeichnung dafür, denn jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, dass es sich schlicht um die Reste der Wirbel bzw. um die entsprechenden Wolken handelt. Da man den Chemtrail-Gläubigen aber alles immer wieder erklären muss, entstand wohl diese Bezeichnung.
Und da eine Wirbelschleppe keine Spule ist, kann man auch nicht von Selbstinduktion sprechen. Hier wird ein physikalischer Begriff komplett und sinnentleert zweckentfremdet.
Die Philosophie ist auch keine Spule: Induktion.
Wobei es hier aus dem Englischen stammt und Induktion für Auslösung steht; das „Selbst“ für die Quelle des Auslösers, nämlich den Wirbelschlauch selbst. Es gibt noch mehr davon in diesem Bereich, zum Beispiel „lift-induced“, „buoyancy-induced“ usw. All das hat mit Spulen im Bereich der Elektrizität bzw. des Magnetismus recht wenig zu tun.
Wohlgemerkt: in diesem Bereich. Denn wie sieht eine Wirbelschleppe aus? (Bild: NASA)
Es ist eben Physik.
Goethe schrieb:
„Wenn ich Stratus höre, so weiß ich daß wir in der wissenschaftlichen Wolkengestaltung versiren und man unterhält sich darüber nur mit Wissenden.“ (Quelle)
Heute muss man sagen:
„Wenn ich Wirbelschlauch höre, so weiß ich daß wir uns mit der wissenschaftlichen Strömungslehre beschäftigen und man unterhält sich darüber nur mit Wissenden - nicht aber mit Chemmies.“
Zum Schluss noch zwei Fotos - auf dem ersten sieht man, wie die Wirbelschläuche mit einem Mal durch eine Luftbewegung zerstört wurden, so dass man dann nur noch die Feuchtigkeit sieht; auf dem zweiten schweben zwei Schlauchreste frei in der Gegend herum: