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Gegenfragen - Aspekte zu Chemtrail-Aussagen

Kategorie: Die Verschwörungstheorie

Gastbeitrag

SheldonCooper, ein Poster im Forum allmystery.de, hat einen Text zu den Chemtrail-Geschichten veröffentlicht und zur Weitergabe freigegeben. Da dieser Text viele interessante Aspekte und Herangehensweisen enthält, soll er hier zitiert werden. Das Original finden Sie hier: Chemtrails: Fakten und Fiktion (PDF).

Der Text:


Chemtrails:

Fakten und Fiktion

oder: Was in aller Welt sprühen die da wirklich?

Ein kleiner Denkanstoß eines relativ durchschnittlichen Internetnutzers

(Version 1 / 02.12.2012)

I. Einleitung

Es gibt viele Fotos und Videos im Internet, die beweisen sollen, dass Flugzeuge chemische Substanzen in der Atmosphäre versprühen. Es gibt auch viele Artikel im Internet, die dies ebenfalls beweisen sollen. Und es gibt viele Personen, die sich unsicher sind und nicht wissen, was sie von diesen Beweisen halten sollen. An diesen Personenkreis richtet sich dieses Dokument. Wer sich hingegen schon zu einhundert Prozent sicher ist, dass wir von oben absichtlich mit Chemie besprüht werden, der braucht gar nicht erst weiter als bis zum nächsten Satzende zu lesen, da hier eigenständiges Denken gefordert wird. Hier wird nichts vorgekaut und als angebliche Wahrheit deklariert, sondern einfache Fragen präsentiert, die man auch ohne Physik- oder Meteorologiekenntnisse verstehen und in Bezug zu den angeblichen Beweisen der Chemtrailszene setzen kann. Denn: Wenn angeblich merkwürdige Dinge geschehen, dann sollte man als kritischer und eigenständig denkender Mensch auch nicht nur das angeblich Merkwürdige hinterfragen, sondern auch die Begründungen dafür, dass bestimmte Dinge angeblich merkwürdig sein sollen.

II. Begriffserklärung

Als Chemtrails werden im Allgemeinen sichtbare Streifen hinter hoch fliegenden Flugzeugen bezeichnet, die bestimmte Kriterien erfüllen, aus denen man angeblich ableiten kann, dass diese Streifen nicht nur aus kleinsten Wassertröpfchen und/oder Eiskristallen und den Abgasen der Flugzeugturbinen bestehen, sondern dass zusätzliche Chemikalien und/oder Partikel darin enthalten sind, die vorsätzlich und mit einem bestimmten Ziel mit Hilfe von Flugzeugen versprüht werden.

Die sichtbaren Kriterien, die ein Streifen hinter einem Flugzeug erfüllen muss, um als Chemtrail zu gelten, sind vielfältig und reichen von der Dauer der Sichtbarkeit über die Form bis hin zur Farbe. Einige dieser Kriterien werden im nächsten Abschnitt erwähnt.

III. Häufige Behauptungen zum Thema „Chemtrails“ und sich daraus ergebende Fragen

Chemtrail-Behauptung 1: „Kondensstreifen, die lange sichtbar sind, lassen sich nur mit Chemikalien bzw. Metallpartikeln erklären.“

Frage 1: Warum soll das nur für Kondensstreifen gelten? Müssten dann nicht auch alle natürlichen Wolken am Himmel mit Chemikalien oder Metallpartikeln erklärt werden? Vor allem solche, die sich nicht auflösen, sondern eher noch wachsen? Wo kam dann früher der Regen her, wenn auch alle anderen Wolken nicht auf natürlichem Weg entstanden sein können?

Chemtrail-Behauptung 2: „Unterbrochene Kondensstreifen sind ein Ding der Unmöglichkeit und deuten auf absichtliches Sprühen von Chemikalien hin.“

Frage 2: Was bedeutet das für ganz normale Wolken? Wieso haben die einen Anfang und ein Ende und dazwischen blauen Himmel bis zur nächsten Wolke?

Chemtrail-Behauptung 3: „Früher sah der Himmel anders aus, da gab es so etwas gar nicht.“

Frage 3: Wie kann ich diese Behauptung nachvollziehen, wenn ich mir den Himmel früher gar nicht bewusst angeschaut habe, sondern erst jetzt damit anfange, nachdem mir jemand von Chemtrails erzählt hat? Und wieso hat schon Johann Wolfgang von Goethe vor fast zweihundert Jahren Beschreibungen des Himmels verfasst, die heute als Beweise für Chemiesprühereien angesehen werden müssten? [Siehe: Johann Wolfgang von Goethe, „Sämtliche Werke, Band 36“, Seite 302 ff., kostenlos verfügbar bei Google Books: http://books.google.de/books?id=ouo2AAAAMAAJ&redir_esc=y]

Chemtrail-Behauptung 4: „Analysen von Wasser- und Bodenproben beweisen, dass gesprüht wird.“

Frage 4: Warum beweisen diese Analysen, dass die gefundenen Substanzen von Flugzeugen versprüht wurden? Würde die Analyse einer Bodenprobe aus der Umgebung von La Oroya in Peru jemanden vermuten lassen, dass die gefundenen Metallrückstände aus Flugzeugen versprüht werden? Würde die Analyse einer Bodenprobe vom Strand in Rügen zu dem Verdacht führen, dass Calciumcarbonat (= Kalk) aus Flugzeugen versprüht wird? Kommt man beim Lesen der Etiketten von Mineral- und Heilwasserflaschen auf die Idee, dass die im Wasser enthaltenen Metalle und Nichtmetalle aus Flugzeugen versprüht wurden und so in des Wasser gelangen konnten? Wo müsste man denn Proben entnehmen, um eindeutig zu beweisen, dass chemische Substanzen von Flugzeugen versprüht werden?

Chemtrail-Behauptung 5: „Das Welsbach-Patent beweist, dass diese Partikel versprüht werden.“

Frage 5: Was außer einer theoretischen Machbarkeit beweist ein Patent? Wieso gibt es tausende Patente für Fusionsreaktoren und entsprechende Bauteile und noch keinen einzigen dauerhaft funktionierenden Fusionsreaktor?

Chemtrail-Behauptung 6: „Seit gesprüht wird, gibt es immer weniger blauen Himmel und Sonnenschein.“

Frage 6: Wie verträgt sich so eine Äußerung denn beispielsweise mit dieser Statistik?

Sonnenscheindauer Deutschland Juli
(Quelle: http://www.dwd.de)

Chemtrail-Behauptung 7: „Wenn vermehrt Chemtrails gesichtet werden verschlechtert sich danach fast immer das Wetter. Das beweist, dass unser Wetter manipuliert wird.“

Frage 7: Was beweist denn dann die Tatsache, dass sich nach Sichtung bestimmter Wolkenarten das Wetter meistens bessert, so wie es zum Beispiel hier beschrieben wird, und zwar für Menschen, die darauf angewiesen sind, so etwas zu erkennen? Wird da bei den Chemtrails vielleicht Ursache und Wirkung vertauscht? Ist es definitiv auszuschließen, dass Kondensstreifen genau so wie verschiedene natürlich entstandene Wolkentypen nur ein Indikator für eine Änderung der Wetterlage sind? Machen die Schwalben höchstpersönlich das Wetter schlechter indem sie tief fliegen oder fliegen die Schwalben auf einmal deshalb tief weil wahrscheinlich eine Änderung der Wetterlage bevorsteht?

Chemtrail-Behauptung 8: „Das Thema wird von den Medien und der Regierung ignoriert bzw. verharmlost oder als unsinnige Verschwörungstheorie bezeichnet. Das beweist, dass Chemtrails real sind und die Wahrheit geheim gehalten werden soll.“

Frage 8: Muss man nun dieser Argumentation folgend auch annehmen, dass in unseren Wäldern bunte Einhörner leben, von deren Existenz niemand erfahren darf weil sie sehr aggressive und gefährliche Tiere sind, die vor zehn Jahren aus einem Biolabor entlaufen sind und sich seitdem in der freien Natur vermehren? Immerhin werden diese von den Medien und der Regierung nie erwähnt oder bestenfalls als Hirngespinste abgetan.

Chemtrail-Behauptung 9: „Die Partikel, die versprüht werden, sind giftig und deswegen ist das eine riesengroße Sauerei, die über unseren Köpfen abgeht!“

Frage 9: Warum wird Angst vor giftigen Wolken geschürt, wenn doch überhaupt noch nicht bewiesen ist, dass Flugzeuge bestimmte Substanzen versprühen? Wäre es nicht sinnvoller, erst einmal einen handfesten Beweis zu erbringen? Weist man einem Angeklagten eine gefährliche Körperverletzung nach, indem man erwähnt, dass er in seiner Besteckschublade mehrere scharfe Messer hat?

Chemtrail-Behauptung 10: „Dass von zwei Flugzeugen, die man nahe beieinander in der selben Höhe fliegen sieht, eines einen Streifen hinterlässt und das andere nicht, ist unmöglich und beweist, dass gesprüht wird.“

Frage 10: Ist es völlig unmöglich, dass diese beiden Flugzeuge in Wahrheit in unterschiedlichen Höhen unterwegs sind und man es mit bloßem Auge gar nicht hinreichend genau abschätzen kann? Wäre es bezüglich der Flugsicherheit nicht sogar völlig unverantwortlich, zwei Flugzeuge, die sich nahe beieinander befinden, in der exakt gleichen Höhe fliegen zu lassen?

Chemtrail-Behauptung 11: „Selbst wenn die Flugzeuge in unterschiedlichen Höhen unterwegs sind, ist es unmöglich, dass eines einen Streifen hinterlässt und das andere nicht. Das können nicht nur kleine Wassertröpfchen sein, da muss Chemie mit drin sein.““

Frage 11: Warum sind dann ganz natürliche Wolken nach oben und unten begrenzt? Müssten diese dann nicht ebenfalls „überall“ sein und sich nicht nur von einer bestimmten Höhe bis in eine andere bestimmte Höhe ausdehnen? Muss es sich bei Bodennebel über Wiesen und Äckern auch um Chemikalien handeln, wenn dieser deutlich sichtbar nur bis in eine bestimmte Höhe reicht? Und wie sieht das im Gebirge aus, wenn man von oben bei schönstem Sonnenschein auf eine Schicht aus Wolken hinab blicken kann?

Chemtrail-Behauptung 12: „Chemtrails werden erzeugt, um mittels HAARP die Wolkenbildung zu steuern. Dies erkennt man an bestimmten Mustern in den Wolken, die nicht auf natürlichem Weg entstehen können.“

Frage 12: Warum findet man solche angeblich unnatürlichen Muster (Wellen, Streifen, Wirbel) in den Wolken auch auf Fotos vom Mars, vom Jupiter, vom Saturn und diversen anderen Fotos von Planeten und Monden mit halbwegs vorhandener Atmosphäre? Warum findet man solche Muster in der irdischen Atmosphäre überhaupt merkwürdig? Sind die Grenzflächen sich bewegender Gase etwa völlig unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten unterworfen wie die Grenzflächen sich bewegender Flüssigkeiten? Oder warum stört sich niemand an Wellen, Wirbeln und Streifen in Flüssen, Seen und Meeren?

Chemtrail-Behauptung 13: „Das Erscheinungsbild vieler angeblicher Kondensstreifen lässt sich physikalisch nicht ohne versprühte Chemikalien erklären.“

Frage 13: Habe ich selbst überhaupt ausreichende physikalische Kenntnisse, um diese Behauptung nachvollziehen zu können oder glaube ich einfach dieser Behauptung, ohne sie selbst überprüfen zu können? Oder halte ich die physikalischen Erklärungen einfach für viel zu kompliziert, während die Erklärungen mittels Chemtrails sehr einfach verständlich sind? Verstehe ich die Funktionsweise eines Kernkraftwerks bis ins Detail? Dürfte ein Kernkraftwerk eigentlich gar nicht funktionieren, bloß weil mir die physikalischen Vorgänge nicht hinreichend bekannt sind oder ich sie nicht verstehe?

Chemtrail-Behauptung 14: „Es gibt zum Thema Chemtrails so viele Seiten im Internet und so viele Menschen, die daran glauben, da muss einfach etwas Wahres dran sein.“

Frage 14: Sagt die Anzahl der Seiten im Internet oder die Anzahl der Anhänger einer angeblichen Wahrheit tatsächlich etwas über die Richtigkeit der Behauptungen aus? Ist die Religion mit den meisten Gläubigen automatisch die richtige, die uns die alleinige Wahrheit verkündet? Müsste die deutsche Geschichte nicht ein wunderbares Beispiel dafür sein, dass etwas, das von vielen unterstützt und von wenigen bekämpft wird, nicht automatisch gut und richtig sein muss?

Chemtrail-Behauptung 15: „Wer die Wahrheit über Chemtrails erkannt hat, weil er das dahinter stehende System hinterfragt hat, wird deswegen von anderen verspottet. Das beweist, dass andere nicht an der Wahrheit interessiert sind und sie bekämpfen.“

Frage 15: Wäre es nicht auch möglich, dass jemand deshalb verspottet wird, weil er nur „das dahinter stehende System“ hinterfragt und nicht die Behauptungen bezüglich Chemtrails? Zeichnet einen kritisch denkenden Menschen nicht gerade die Tatsache aus, dass er in alle Richtungen kritisch denken sollte und nicht nur exakt in die Richtung, die ihm andere vorgegeben haben?

Chemtrail-Behauptung 16: „Dass Wettermanipulationen technisch durchführbar sind und auch vorgenommen werden, ist eine Tatsache.“

Frage 16: Bestreitet das jemand ganz kategorisch? Leugnet zum Beispiel jemand, dass an manchen Orten Silberiodid versprüht wird, um Wolken gezielt abregnen zu lassen bevor sich Hagel bilden kann, der möglicherweise großen Schaden verursacht? Oder dass zum Beispiel in China und Russland schon mit der selben Methode gezielt „schönes Wetter“ für große Feierlichkeiten erzeugt wurde? Warum sollte man deshalb annehmen, dass dies ständig und mit böser Absicht getan wird? Kommt jemand auf den Gedanken, dass die gesamte Menschheit ausgelöscht werden soll, nur weil es rein technisch möglich ist, Giftstoffe gezielt in Nahrungsmittel einzubringen und es dann auch noch Mordfälle gab, in denen die Opfer eindeutig mit vergifteten Nahrungsmitteln umgebracht wurden?

Chemtrail-Behauptung 17: „Man muss nur den Himmel beobachten, damit einem auffällt, dass da etwas nicht stimmt.“

Frage 17: Und wenn man den Himmel beobachtet, und nicht merkt, dass da etwas nicht stimmt? Ist man dann nicht intelligent, erleuchtet oder wahrheitssuchend genug? Ist das nicht einfach eine sehr suggestive Fragestellung, bei der man instinktiv schon gerne zu denen gehören möchte, denen „es auffällt“ und eher nicht zu dem merkbefreiten Rest? Wie sähe es denn aus, wenn jemand folgende Aussage machen würde: „Man muss sich nur Deine Verwandten und Bekannten genau ansehen, damit einem auffällt, dass das alles Verbrecher sind“? Würde man in dem Fall genauso reagieren? Oder würde man die Aussage eher als dummes Geschwätz abtun, da man seine Verwandten und Bekannten ja sehr gut kennt? Kennt man den Himmel, die Flugzeuge und die physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre denn auch sehr gut?

Chemtrail-Behauptung 18: „Es gibt weiße und dunkelgraue Kondensstreifen. Die dunkelgrauen sind ganz eindeutig Chemtrails.“

Frage 18: Müssten also auch alle dunkelgrauen Wolken voller Chemie sein? Gewitter im Sommer sind also auch ausnahmslos voller Chemie? Mit Sonnenstand und Licht kann das rein gar nichts zu tun haben, dass die einen heller und die anderen dunkler aussehen?

Chemtrail-Behauptung 19: „Ich kenne viele Menschen, die gerade Atemwegsbeschwerden haben. Und letztens wurde wieder gesprüht. Da besteht ein Zusammenhang.“

Frage 19: Wird da versucht, einen Zusammenhang herzustellen, der überhaupt nicht zwingend existieren muss? Wäre die Annahme korrekt, dass Mineralwasser Herzinfarkte auslöst, wenn man nachweisen kann, dass viele Patienten in den 24 Stunden vor dem Herzinfarkt Mineralwasser getrunken haben?

IV. Erläuterungen zu III.

Warum sollte man solche Fragen überhaupt stellen? Die einfachste „Antwort“ wäre vielleicht folgende Gegenfrage: Warum sollte man es denn nicht tun? Das mag auf den ersten Blick viel zu simpel erscheinen, aber dabei offenbart sich die Tatsache, dass die Behauptungen bezüglich Chemtrails durchaus fragwürdig sind. Denn wären sie nicht fragwürdig, könnte ja niemand eine berechtigte Frage dazu stellen.

Aber sind diese Fragen überhaupt berechtigt? Natürlich sind sie das, denn sie beziehen sich zum größten Teil auf Konsequenzen, die sich aus den Chemtrail-Behauptungen ergeben. Schauen wir uns das einmal am Beispiel einer der zuvor angeführten Behauptungen an:

„Unterbrochene Kondensstreifen sind ein Ding der Unmöglichkeit und deuten auf absichtliches Sprühen von Chemikalien hin.“

Nehmen wir nun an, diese Behauptung sei wahr. Was würde das nun bedeuten, wenn man bedenkt, dass sowohl „Kondensstreifen“ als auch „Wolke“ zwar unterschiedlich aussehen und auf unterschiedliche Art und Weise entstehen, aber eines gemeinsam haben, nämlich dass sie beide aus kleinsten Wassertröpfchen und/oder Eiskristallen bestehen? Dass völlig natürlich entstandene Wolken zwingend existieren müssen, damit sich Wasser als Lebensgrundlage auf unserem Planeten verteilen konnte und immer noch kann, wird wohl niemand ernsthaft abstreiten wollen.

Wir haben nun drei Dinge, die wir zueinander in Bezug setzen können:

  1. Normale Kondensstreifen (nicht unterbrochen, bestehen abgesehen von den Flugzeugabgasen nur aus Wasser bzw. Eis)
  2. Chemtrails (auffällig unterbrochen, bestehen aus Flugzeugabgasen, Wasser bzw. Eis und zusätzlich versprühten Substanzen)
  3. natürliche Wolken (völlig verschiedene Formen, bei diversen Wolkentypen sehr gut sichtbare Umrisse und mehr oder weniger viel Abstand bis zur nächsten Wolke, bestehen nur aus Wasser bzw. Eis)

Wenn nun also die Chemtrail-Behauptung wahr ist und man Chemtrails von Kondensstreifen dadurch unterscheiden kann, dass die Chemtrails unterbrochen sind und die normalen Kondensstreifen nicht, hat man zwangsläufig ein Problem mit den natürlich entstandenen Wolken. Denn die fangen auch irgendwo an und hören irgendwo wieder auf. Beispiel: Stratocumulus stratiformis.

Natürlich kann man nun behaupten, dass solche Wolken mit Lücken dazwischen ebenfalls nicht natürlich entstanden sein können. Dann hat man aber das Problem, dass nach dieser Argumentation der Himmel über uns nur zwei völlig natürliche Zustände annehmen könnte: Völlig wolkenfrei oder völlig bedeckt ohne sichtbare Lücken in der Wolkendecke, da nur diese beiden Zustände völlig natürlich sein könnten. Vor dem Hintergrund der auf Seite 2 schon erwähnten Beschreibungen des Wetters durch Johann Wolfgang von Goethe und zahlreicher Gemälde, die ebenfalls aus Zeiten stammen, in denen es definitiv keine Wettermanipulationen gegeben haben kann, ist diese Behauptung allerdings überhaupt nicht haltbar.

Man könnte zwecks Umgehung dieser Probleme auch behaupten, dass die Unterscheidung zwischen normalen Kondensstreifen und Chemtrails anhand der Unterbrechungen gar nicht möglich ist und jeder Streifen hinter einem Flugzeug darauf hindeutet, dass bestimmte Substanzen versprüht werden. Womit man selbst dann allerdings die grundlegende Aussage zu diesem angeblichen Unterscheidungsmerkmal als falsch darstellen würde.

Man kann mit allen Behauptungen – nicht nur auf Chemtrails bezogen - so verfahren: Man nimmt an, dass die Behauptung wahr ist, und denkt dann darüber nach, welche Konsequenzen sich daraus ergeben würden. Dazu braucht man in vielen Fällen noch nicht einmal grundlegende naturwissenschaftliche Kenntnisse. Man kann mit dieser Vorgehensweise nicht nur die Behauptungen bezüglich der am Himmel zu beobachtenden Dinge hinterfragen, sondern auch die Behauptungen bezüglich der Medien und der Regierung. Auch hierzu wieder ein Beispiel:

„Das Thema wird von den Medien und der Regierung ignoriert bzw. verharmlost oder als unsinnige Verschwörungstheorie bezeichnet. Das beweist, dass Chemtrails real sind und die Wahrheit geheim gehalten werden soll.“

Was sagt dieser Satz denn eigentlich aus? Eine Aussage X wird von A und B als Unsinn abgetan oder ignoriert, und deswegen ist die Aussage X wahr. Nehmen wir nun einmal an, dass dies so stimmt, wie es hier geschrieben steht.

Was würde der geneigte Leser denn denken, wenn ihm jemand mit exakt dieser Argumentationsweise ein Verbrechen anhängen möchte und der Richter dann am Ende der Verhandlung die Tat genau deswegen als bewiesen ansieht, weil der Angeklagte ständig alle Vorwürfe abgestritten und als Unfug bezeichnet hat?

„Ja, aber es geht ja hier um die Medien und die Regierung und nicht um mich“, wird nun wohl manch einer denken. Das ist auch korrekt. Aber ist es nicht ziemlich inkonsequent, wenn man eine solche Argumentation nur in Bezug auf bestimmte „Täter“ als gut und richtig empfindet und in anderen Fällen ablehnt? Es behauptet ja niemand, dass die Medien und die Regierungen immer die Wahrheit verkünden. Aber genau so wenig werden grundsätzlich nur Unwahrheiten verbreitet.

Mein zuvor zu dieser Behauptung angebrachtes Beispiel mit den Einhörnern, die aus einem Biolabor entlaufen sind, ist zwar purer Unsinn, aber wenn man die Argumentationsweise aus der beispielhaften Chemtrail-Behauptung konsequent anwenden würde, müsste man auch die Existenz dieser Einhörner als bewiesen ansehen.

V. Die Guten und die Bösen

Ein weiterer Punkt, der dazu führt, dass man Chemtrails möglicherweise vorschnell und kritiklos als gegebene Tatsache ansieht, ohne die vorgebrachten Argumente zu prüfen, ist der Umstand, dass man möglicherweise zu emotional an das Thema herangeht. Das ist – von einem neutralen Standpunkt aus gesehen – auch nicht sehr verwunderlich, immerhin geht es ja um die eigene Gesundheit, die Gesundheit der eigenen Familie, der eigenen Kinder, der Freunde und Bekannten, letztendlich um das Leben und die Gesundheit aller Menschen, Tiere und Pflanzen auf unserem Planeten. Und die Schuldigen werden auch gleich genannt. Das verursacht natürlich ein gewisses Maß an Angst und Hilflosigkeit, schließlich ist man unschuldiges Opfer eines haushoch überlegenen Gegners. Das kann bei vielen Menschen schon ausreichen, um ihr Denken auf diese angeblichen Chemieschweinereien zu konzentrieren, ohne dass sie hinterfragen, ob es denn wirklich möglich sein kann, dass das alles tatsächlich passiert.

Wenn an einem ruhigen Sonntagnachmittag plötzlich jemand vor der Haustür steht, völlig außer sich ist und schreit, dass gleich eine Bombe explodieren wird, dann wird man ihn wohl auch nicht ins Haus bitten, ihm einen Kaffee und etwas Kuchen anbieten, und ihn dann in aller Ruhe befragen, wie er zu der Erkenntnis mit der Bombe gelangt ist und ob er unwiderlegbare Beweise vorbringen kann, die seine Aussage bestätigen.

Zurück zu den Chemtrails: Die Täter sind eindeutig die Bösen und die Opfer natürlich die Guten. Somit zählen natürlich auch die zu den Guten, die die Opfer vor der drohenden Gefahr gewarnt haben. Und schon entsteht Solidarität zu den anderen Opfern und Dankbarkeit gegenüber denen, die sie gewarnt haben. Macht sich dann inmitten dieses Gemeinschaftsgefühls noch jemand die Mühe, diverse Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, wenn diese Behauptungen doch erst für dieses Gemeinschaftsgefühl gesorgt haben? Wohl kaum. Es ist eher anzunehmen, dass man sich innerhalb der Gruppe allmählich durch ständiges gegenseitiges Schulterklopfen gegen Argumente von außen immunisiert.

Wer nun denkt, dass so etwas wie eine „gedankliche Immunisierung“ gar nicht funktionieren kann, der denke einmal an die vielen jungen „Gesangstalente“, die sich schon von Dieter Bohlen und anderen Personen aus der Musikbranche vor laufender Kamera - und völlig berechtigt - sagen lassen mussten, dass sie keinen einzigen Ton treffen und absolut nicht singen können. Darunter waren nicht gerade wenige, die danach immer noch fest davon überzeugt waren, dass sie richtig gut singen können weil die Mutti zu Hause das auch gesagt hat und die ganzen Freunde.

So kommt die Gruppe nach und nach zu dem Punkt, an dem keinerlei Argumente mehr wahrgenommen werden, die gegen die Behauptung der gezielten Ausbringung von Chemikalien in der Atmosphäre sprechen. Im Gegensatz dazu wird jedes bisschen Information, das von den warnenden Stimmen aus dem Internet präsentiert wird, ungeprüft als neuer Beweis gefeiert und als Rechtfertigung für die weitere Abkapselung der Gruppe von der Außenwelt angesehen.

Und so kommt es dann dazu, dass ein sachlicher Austausch zwischen denen, die die Existenz von Chemtrails für wahr halten, und denen, die dies bezweifeln, nicht mehr möglich ist. Weil die Zweifler bestenfalls noch für dumme Schafe gehalten werden, die freiwillig ins Verderben rennen, und schlimmstenfalls für gut bezahlte Angestellte der Bösen, die Prämien dafür kassieren, dass sie das Ausmaß des Verbrechens leugnen.

VI. Die andere Seite

Leider stelle ich immer wieder fest, dass jemand, der an der Wahrheit der Chemtrail-Behauptungen zweifelt, als grundsätzlich nicht kritisch denkender Mensch angesehen wird, der keine eigene Meinung hat, sondern nur dem folgt, was die Medien oder die Regierung vorgeben. „Systemtreue Schafe“ ist noch einer der harmloseren Ausdrücke, die in solchen Fällen gebraucht werden.

Dabei gibt es überhaupt keinen Grund, so zu reagieren. Niemand wird leugnen, dass Chemie in der Atmosphäre in der Regel alles andere als gesund ist. Niemand wird leugnen, dass alleine schon völlig normale Kondensstreifen einen Einfluss auf das Wetter haben können. Niemand wird leugnen, dass mit Kerosin betriebene Strahltriebwerke nicht gut für die Umwelt sind. Niemand wird leugnen, dass es eine riesengroße Sauerei wäre, wenn heimlich Chemikalien in der Atmosphäre versprüht würden.

Es werden lediglich die angeblichen Beweise und Indizien zerpflückt, mit denen die Existenz von Chemtrails bestätigt werden soll. Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob man von bestimmten Personen auch beschimpft und beleidigt wird, wenn man sie vor einem Trickbetrüger warnen möchte, der ihnen wertlosen Schund verkaufen will.

Denn im Grunde ist die „andere Seite“ voller Menschen, die exakt so sind, wie die Gläubigen es für sich selbst in Anspruch nehmen: Kritisch, eigenständig denkend, Pro und Contra gegeneinander abwägend, Aussagen analysierend. Dazu braucht es keinen „Vorbeter“ wie die Medien oder die Regierung und keinen Katalog mit vorgegebenen Antworten. Das sind alles Dinge, die man sich mit ein wenig Denkarbeit auch selbst erarbeiten kann, wenn man sich von der persönlichen Betroffenheit und der Empörung über diese angeblichen Verbrechen frei machen kann.

VII. Der Autor

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu meiner Person: Ich lebe schon seit einigen Jahrzehnten auf diesem Planeten, interessiere mich für naturwissenschaftliche Themen und bin vor allem im Sommer oft mit einer Kamera draußen unterwegs, wobei ich nicht gerade selten blauen Himmel auf meinen Fotos habe, den es ja angeblich fast gar nicht mehr geben soll. Ich habe schon heiße, sonnige Sommer erlebt und auch kühle, verregnete Sommer, eiskalte und eher milde Winter. Schon als ich in der Grundschule war, habe ich oft die Flugzeuge am Himmel beobachtet. Damals waren es noch nicht so viele, weshalb es auch nicht ganz so alltäglich war, wenn man welche in großer Höhe fliegen sehen konnte. Und damals sahen die Kondensstreifen auch nicht anders aus als heute, es waren eben nur nicht so viele. Dazu kommt noch, dass ich viele Jahre in der Einflugschneise der Ramstein Air Base gewohnt habe, wodurch ich fast täglich Militärflugzeuge in geringer Höhe beobachten konnte. Ungewöhnliche Beobachtungen habe ich auch bei denen nicht gemacht.

Außerdem war mir der Begriff „Chemtrails“ schon vertraut, als ich noch für viel Geld und mit einem 56k-Modem das Internet durchstöberte. Damals war das Thema noch gar nicht in Deutschland angekommen, ich bin eher zufällig darauf gestoßen, als ich mich mit Hilfe von altavista.com (vor dem Auftauchen von Google die meistgenutzte Suchmaschine) durch unzählige und meist amerikanische Seiten zu UFO-Themen wühlte. So fand ich dann eine Seite, auf der jemand viele Fotos von Kondensstreifen zeigte und darunter behauptete, dass da Chemie gesprüht würde. Ich fand es damals schon reichlich absurd, dass mir jemand Kondensstreifen, die wie Kondensstreifen aussahen, als Chemie andrehen wollte. Wenn ich mich recht erinnere, sollte der versprühte Chemiecocktail damals angeblich der Gedankenkontrolle dienen. Und nachdem ich festgestellt hatte, dass auf der Seite auch Fotos von fliegenden Insekten an der Dachkante als Beweise für die Existenz „energetischer Lichtwesen“ herhalten mussten, war mir das alles auch ein wenig zu blöd, um mich weiterhin damit zu beschäftigen.

Wer Fragen, Verbesserungsvorschläge oder sonstiges loswerden möchte, der möge dies bitte hier tun: http://www.allmystery.de/themen/gg3651